"Die Stadt braucht Visionäre"
Politiker und Passauer Experten diskutieren über „Impulse für Passau“

„Das ist keine Wahlkampfveranstaltung!“ – mit diesen Worten begrüßte der Unternehmensberater Rudi Fellner am Mittwochnachmittag eine Reihe Passauer Experten und Politiker im Namen des Wirtschaftsbeirats Bayern zu einer „Open Space“-Diskussion in seinen Räumlichkeiten in der Neuburger Straße.

Das Ziel definierte Fellner, Wirtschaftsbeiratsvorsitzender des Bezirks Passau, so: „Wir wollen Passau nachhaltig weiterentwickeln.“ Die Veranstaltung trug den Titel „Impulse für Passau“ und soll den Beginn eines „Think Tanks“ markieren, der die Stadt weiterentwickeln soll.

Dass Fellner gleich zu Beginn betonte, dass es sich bei dieser Veranstaltung eben nicht um Wahlkampf handle.

Eine andere, frische Art der Diskussion und Ideenfindung soll es sein, sagte Fellner zur Begrüßung, denn „Passau zeichnet sich seit Jahrzehnten durch Kreativ- und Mutlosigkeit in der Stadtpolitik aus“. Statt lange Monologe zu halten, sollten die Experten an diesem Tag „interdisziplinär und mit großer Durchlässigkeit“ zusammen kreativ werden.

Vier große Themenblöcke standen auf dem Programm, die jeweils ein Experte übernahm: „Wirtschaft und Tourismus“ übernahm der Diplom-Betriebswirt Norbert Palsa, um Konzepte für den Verkehr kümmerte sich Franz Küblbeck, dem Bauunternehmer Richard Bergander oblag der Block „Bauen und Wohnen“, das Thema „Universität“ bekam Dr. Fritz Audebert zugewiesen.
Nach einer Begrüßungsrede von Dr. Johann Schachtner, der als Generalsekretär des Wirtschaftsbeirats eigens aus München angereist war, erklärte Fellner, was mit „Open Space“ gemeint sei: Die vier „Leiter“ sollten mit anderen Teilnehmern kleine Gruppen bilden und mit ihnen über Passauer Probleme und ihre möglichen Lösungen diskutieren. Dafür stand jedem Team eine Tafel zur Verfügung.
Doch die Gruppen waren nicht starr, jeder konnte sich jederzeit zu einer anderen gesellen und dort seine Standpunkte und Lösungsvorschläge präsentieren. Rund eineinhalb Stunden Zeit blieben dafür.
Zunächst herrschte eine Atmosphäre, wie man sie aus der Schulzeit kennt, wenn der Lehrer sagt: „Bildet Gruppen.“ Bis auf die Teamleiter wusste zunächst keiner so recht, welchem Thema er sich zuwenden sollte. Doch schon bald entspannten sich lebhafte Diskussionen, die Teilnehmer wechselten fleißig durch, brachten sich mal hier ein und hörten dann dort zu. Am Ende präsentierten Palsa, Küblbeck, Audebert und Bergander die Ergebnisse der Diskussion.
Die Universität müsse „Exzellenz in beidem, in Lehre und Forschung anstreben“, meinte Audebert in seinem Fazit. Auch die Möglichkeit eines nach Österreich ausgelagerten Campus („das würde europäische Gelder generieren“) und die schon länger diskutierte medizinische Fakultät („vielleicht kriegt man das für 300 Millionen hin“) sprach er an.
Küblbeck betonte in seinem Fazit, dass der E-Verkehr bis 2030 enorm zunehmen werde. Die Park-and-Ride-Angebote für Pendler gehörten ausgebaut, intelligente Ampelsysteme implementiert, das ÖPNV-System digitalisiert. „Das ist alles nichts Neues“, sagte Küblbeck, „aber wir haben es eben bislang nicht umgesetzt“.
Dichtere Strukturen und die Konzentration auf den Wohnungsbau forderte dann Bergander. Zudem habe Passau die „heimischen Nachfrager“ bislang vernachlässigt, also Menschen, die − oft im Alter – vom Land auf die Stadt ziehen und dort Immobilien kaufen oder mieten wollen. Auch brauche die Stadt einen akkuraten Marktbericht: „Das Internet führt Wunschpreise an, das verzerrt das Bild.“

Eine bessere überregionale und internationale Vernetzung im Tourismusbereich wünschte sich abschließend Norbert Palsa. Auch müssten der Kongresstourismus und das Kulturmarketing gestärkt werden.

Viel Neues konnten „Impulse für Passau“ nicht präsentieren. Das konstatierte auch Steiner: „Wir müssen noch disruptiver werden und wirklich neue Konzepte entwickeln“, sagte er und erntete breite Zustimmung. Allgemein zeigte er sich mit der Veranstaltung aber zufrieden. Er hoffe, dass es dieser „kleine ,Think Tank‘ nicht bei heute belässt und noch viele Ideen hervorbringt“, denn: „Die Stadt braucht Visionäre, zurzeit ist bei uns nämlich Kleinkariertheit das Programm.“

Auch Fellner zeigte sich angetan von dieser ersten „Open Space“-Diskussion. „Mein Lieblingsbegriff ist ,politische Ökumene‘, wir brauchen natürlich so viele verschiedene Blickwinkel wie möglich. 

DIE TEILNEHMER Dr. Fritz Audebert, Dr. Nina Bauer, Richard Bergander, Dr. Franz Hermann Brand, Dr. Martin Burkert, Rudi Fellner, Dr. Ralf-Peter Filipp, Franz Küblbeck, Norbert Palsa, Heinz Plöchinger,  Georg Steiner und Veronika Steinhofer.

Quelle: 28. Februar 2020 – Passauer Neue Presse – Johannes Munzinger