Andreas Wirthensohn spricht auf Einladung von „Impulse für Passau“

Über der Stadt zurück zu den Wurzeln: Im Café Diwan im Stadtturm präsentierten Karl Riesinger (v.l), Fritz Audebert und Georg Steiner den Übersetzer Andreas Wirthensohn (3. v. r.). Links im Bild die Musiker des Abends Jan Korinek und Architekt Walter Schwetz.

„Sie lesen meinen Text, der nicht von mir ist“, so fasste Andreas Wirthensohn das Paradox seines Berufsbildes zusammen. Der gebürtige Passauer, der vor allem als Übersetzer tätig ist und vorwiegend in München lebt, hielt auf Einladung des Vereins „Impulse für Passau e.V.“ eine erhellende Rede im Cafe Diwan im Stadtturm.

„Wurzelwerke – Passauerinnen und Passauer back home“ steht als Idee hinter dem Format, besondere Töchter und Söhne der Stadt in der Heimat zu präsentieren. Mit einem glänzenden und inspirierten Redner Andreas Wirthensohn und dem feinen Ambiente hoch über der Stadt ist das dem Organisationsteam um Vorsitzenden Fritz Audebert, Georg Steiner, Karl Riesinger und anderen hervorragend gelungen. Wer ihn noch nicht kannte, lernte ihn an diesem Abend kennen: den bedeutenden israelischen Historiker Yuval Noah Harari, den Wirthensohn seit Jahren übersetzen darf. Mit der „Kurzen Geschichte der Menschheit“ steht der Israeli seit Langem auf den Bestsellerlisten. Wie sich die Zusammenarbeit mit so einem „Weltautor“ gestaltet und was die Erfolgsgeheimnisse von dessen Werken sind, stellte Wirthensohn spannend dar. Harari, der sich einen Ruf als Untergangsprophet der Technologie Branche oder „Kassandra der Sili con Valley“ gemacht hat, wurde gerade durch jene Protagonisten berühmt, deren Sphären er geißelt. Bill Gates, Mark Zuckerberg sind Fans von Harari, und auch die Obamas und Macrons luden ihn ein: Mittlerweile gilt Harari als Popstar unter den Historikern. Da man als Übersetzer selbst von solchen Größen in der Regel ein Schattendasein führt, war es für Andreas Wirthensohn, Jahrgang 1967, eine seltene Gelegenheit seine Arbeit zu präsentieren.

Wirthensohn, der auch als Lektor und journalistisch für verschiedene Medienhäuser tätig ist, schilderte, worauf es bei seiner Arbeit als Übersetzer von Sachbüchern ankommt:: sich flugs in verschiedene Themen einzuarbeiten, auch komplizierte Sachverhalte mit gesundem Halbwissen zu kompensieren, die Kapricen mancher Autoren geduldig hinzunehmen und eine große Portion Bescheidenheit sowie Leidensfähigkeit mitzubringen. Zumal Übersetzen Akkordarbeit sei, bezahlt werde er pro Seite, oft seien Manuskripte noch gar nicht fertig, wenn er sich an die Arbeit machen müsse. Der Druck bei den Verlagen sei groß, Werke in englischer und deutscher Fassung zeitgleich erscheinen zu lassen. Fein und pointiert nahm Wirthensohn sein eigenes Schaffen als Übersetzer zum Teil sehr humorig aufs Korn. Zugleich ließ er die Zuhörer an seinen vertieften Kentnissen der Branche teilhaben. Das er sein Können vor allem auf seine früheren Latein-Erfahrungen am Passau Gymnasium Leopoldinum zurückführte, ließ aufhorchen. „Ich habe durch den Kontakt mit Latein das meiste über Sprache gelernt“, sagte Wirthensohn.

Das Vater Otto Wirthensohn, angesehener Germanist, Lehrer am Leopoldinum war, erwähnte Karl Riesinger, der die Veranstaltung federführend organisiert hatte. Riesinger betonte auch, dass man in Passau mit dieser Form der Innovation Veranstaltungen an Orten, die vielleicht nicht so oft bespielt würden, Impulse geben wolle. „Menschen wie Andreas Wirthensohn, die man in Passau gar nicht unbedingt kennt, aber Großartiges in der Welt geschaffen haben, sollen durch die Wurzelwerke-Reihe ein Forum erhalten“, sagte Riesinger. So könnte man die Passauer quasi mehr mit ihren eigenen Potenzialen bekannt machen. „Es gibt viele Leute, die von hier ausgezogen sind und wir wollen hören, was sie jetzt machen.“ Die Aufgabe des Vereins sei es, im politischen und gesellschaftlichen Bereich Neues zu kreieren und anzustoßen. Vorsitzender Fritz Audebert dankte sowohl dem „besonderen Sohn der Stadt Passau“ Andreas Wirthensohn für seine Rede als auch dem Architekten Walter Schwetz, der zusammen mit dem Musiker Jan Korinek an der Mundharmonika für den Blues sorgte. Walter Schwetz gebe, so Audebert, als „einer der besten Architekten der Stadt“ regelmäßig Impulse für Passau – und kehre zu Den Wurzeln zurück, Eine nächste Veranstaltung der Wurzelwerke ist bereits in Vorbereitung.